Regenwasserbeseitigung in Kleve
Antrag 098/XI der SPD-Fraktion
Regenwasserbeseitigung in Kleve
(zum Haushalt 2024)
Antrag:
Regenwasser:
die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Kleve beantragt, der Rat der Stadt Kleve möge beschließen, dass in die «Satzung der Umweltbetriebe der Stadt Kleve -AÖR – vom 01.08.2011 über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage -Entwässerungssatzung– » im § 9 Abs. (3) ein neuer Punkt 3 eingeführt wird:
(3) Ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht nicht, wenn:
(…)
- Für Niederschlagswasser, welches über die belebte Bodenzone dem Grundwasser auf dem zu entwässernden Grundstück über geeignete Anlagen gemeinwohlverträglich zugeführt werden kann, oder ortsnah in Gewässer eingeleitet werden kann oder als Brauchwasser durch den Grundstückseigentümer verbraucht werden kann
Der Absatz 5. wird ersatzlos gestrichen.
Begründung:
Klimawandel erzwingt Verhaltensänderung
Der Klimawandel zeigt deutlich, dass Starkregenereignisse und Dürreperioden den bisherigen Umgang mit Regenwasser in Frage stellen. Die Bedeutung des Niederschlagswassers für unseren Grundwasserhaushalt, zur Erhaltung unserer Vegetation, zur Schaffung und zum Erhalt eines erträglichen Klimas u.a. gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Aus diesem Grund muss der Anschluss- und Benutzungszwang für Regenwasser an die öffentlichen Kanalsysteme, mit Ableitung und Einleitung des Regenwassers in die Vorflut (Kermisdal), in Frage gestellt werden. Es muss der Grundsatz gelten, dass dort, wo
Niederschlag anfällt, auch die Einleitung in den Boden erfolgt, sofern dies ohne Nachteile für Dritte möglich ist. Auch eine Nutzung zur Bewässerung der Vegetation oder Nutzung als Brauchwasser soll Vorrang vor der bisher bevorzugten Ableitung des Niederschlagswassers haben.
Die Bauleitplanung muss die Nutzung von Regenwasser zulassen
Die Stadt Kleve hat im Rahmen der Bauleitplanung diese Grundsätze zu berücksichtigen und die Erstellung von Abwasseranlagen für neu zu erschließende Gebiete auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschränken.
Die Gebühren für das Ableiten von Regenwasser sollen zukünftig nur noch dort erhoben werden, wo tatsächlich die öffentlichen Anlagen genutzt werden. Hierdurch erhalten
die Grundstückseigentümer auch den finanziellen Anreiz, eigene
Niederschlagswasserablagen zu errichten.
Rechtsstaatprinzip verletzt
In diesem Zusammenhang hat der bayrische Verfassungsgerichtshof in einem Beschluss vom 10.11.2008 -Vf.4-VII-06- festgestellt, dass, „wenn eine gemeindliche Satzung zur Beseitigung des Niederschlagswassers an eine gemeindliche Entwässerungseinrichtung und deren Benutzung anordnet, ohne dass hierfür hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls gegeben
sind, das Rechtsstaatprinzip verletzt wird.“
„Die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation genieße nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner Beseitigung (…).“
Dies zeigt, dass auch die in Kleve gehändelte Praxis zur Regenwasserbeseitigung nicht nur ökologisch bedenklich, sondern auch rechtlich angreifbar ist.
Eine weitere Begründung erfolgt mündlich.
„Satzung der Umweltbetriebe der Stadt Kleve -AÖR – vom 01.08.2011 über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage – Entwässerungssatzung –“
Zur Klarstellung hier der § 9. in der geänderten Fassung:
§ 9** Anschluss- und Benutzungszwang
(1) Jede Anschlussberechtigte oder jeder Anschlussberechtigte ist vorbehaltlich der Einschränkungen in dieser Satzung verpflichtet, ihr oder sein Grundstück in Erfüllung der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG NRW an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen, sobald Abwasser auf dem Grundstück anfällt (Anschlusszwang).
(2) Die Anschlussnehmerin oder der Anschlussnehmer ist vorbehaltlich der
Einschränkungen in dieser Satzung verpflichtet, das gesamte auf seinem Grundstück anfallende Abwasser (Schmutzwasser und Niederschlagswasser) in die öffentliche Abwasseranlage einzuleiten (Benutzungszwang), um die Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG NRW zu erfüllen.
(3) Ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht nicht, wenn:
- die in § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LWG NRW genannten Voraussetzungen für
in landwirtschaftlichen Betrieben anfallendes Abwasser vorliegen. - wenn Grundwasser lediglich zum Zwecke der Wärmegewinnung dem
Wasserhaushalt entnommen und unmittelbar danach diesem wieder zugeführt
wird. - Für Niederschlagswasser, welches über die belebte Bodenzone dem
Grundwasser auf dem zu entwässernden Grundstück über geeignete
Anlagen gemeinwohlverträglich zugeführt werden kann, oder ortsnah in
Gewässer eingeleitet werden kann oder als Brauchwasser durch den
Grundstückseigentümer verbraucht werden kann.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist den USK nachzuweisen.
(4) Unabhängig vom Vorliegen der in Absatz 3 erwähnten Voraussetzungen ist das häusliche Abwasser aus landwirtschaftlichen Betrieben an die öffentliche
Abwasseranlage anzuschließen und dieser zuzuführen. Die USK können in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen, sofern dies nicht zu Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit führt.
(5) Der Anschluss- und Benutzungszwang besteht in Erfüllung der
Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG NRW auch für das Niederschlagswasser. Dieses gilt nicht in den Fällen des § 5 Absätze 2 und 3 dieser Satzung.
(6) In den im Trennsystem entwässerten Bereichen sind das Schmutz- und das
Niederschlagswasser den jeweils dafür bestimmten Anlagen zuzuführen. In Gebieten mit Druckentwässerung darf nur das Schmutzwasser der Abwasseranlage zugeführt werden.
(7) Bei Neu- und Umbauten muss das Grundstück vor der Benutzung der baulichen Anlage an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen sein. Ein
Zustimmungsverfahren nach § 14 Absatz 1 ist durchzuführen.
(8) Entsteht das Anschlussrecht erst nach der Errichtung einer baulichen Anlage, so ist das Grundstück innerhalb von drei Monaten anzuschließen, nachdem durch öffentliche Bekanntmachung oder Mitteilung an die Anschlussberechtigte oder den Anschlussberechtigten angezeigt wurde, dass das Grundstück angeschlossen werden kann.
Erläuterung:
Was ist eine Schwammstadt?
Das Schwammstadt-Konzept ist ein Konzept der Stadtplanung, das darauf abzielt, möglichst viel anfallendes Regen- bzw. Oberflächenwasser vor Ort aufzunehmen und zu speichern, anstatt es lediglich zu kanalisieren und abzuleiten. Dadurch sollen Überflutungen bei Starkregen-Ereignissen vermieden bzw. verringert, das Stadtklima verbessert und die Gesundheit von Stadtbäumen sowie die Resilienz von gesamten Stadtökosystemen gefördert werden1. Das Konzept sieht vor, dass Regenwasser dort zwischengespeichert wird, wo es fällt. Umwelttechnische und landschaftsarchitektonische Infrastruktur dafür sind etwa versickerungsfähige Verkehrsflächen und Pflaster, Mulden, Rigolen, urbane Grünflächen und Feuchtgebiete12. Durch Elemente grüner Infrastruktur wie Bäume, Fassadenbegrünung und Dachbegrünung kann ein Teil des Wassers verdunsten und so zur Kühlung der Stadt beitragen. Ein weiterer Teil kann versickern. Somit wird das Kanalnetz entlastet12. Der Begriff Schwammstadt ist eine eingetragene Wortmarke eines Berliner Landschaftsarchitektenbüros1.